Frau sein in den politischen Gefängnissen im Iran

Monireh Baradaran, 1999



In diesem Beitrag wird der Versuch unternommen, die Bedeutung des „Frau seins in den politischen Gefängnissen“ der Islamischen Republik zu diskutieren. Da diese Artikel auf meine eigene Erfahrung basiert, beschränke ich mich auf die Situation der Frauen in den Gefängnissen in Teheran und in den achtziger Jahren, in der ich im Gefängnis einsass. Obwohl die islamische Regierung noch an die Macht ist und es noch politische Gefangene gibt, so waren doch die Jahren von 1981 bis 1990 eine der schwärzesten Perioden in der Geschichte Irans.
Bevor ich zum Thema gehe, werde ich versuchen, erst die politische Engagement der iranischen Frauen in den letzten Jahren zu skizzieren. Danach wird ein allgemeiner Überblick über die Gefängnisse der Islamischen Republik gegeben.


Politische Engagement der Frauen im Iran

Das ist die Ironie der Geschichte, dasß Frauen sich in der Islamischen Republik, die mit alle Kräfte und die Gesetze versucht, Frauen aus allem kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Leben zu entfernen, im Vergleich mit der Schahs Zeit auf der Suche nach Emanzipation mehr anstrengen.
Nach der Revolution 1979 wurde Maßnahmen eingesetzt, die Islamisierung des Landes bezweckte. Im Jahre 1981, nach der Absetzung Präsident Banisadrs und der Liquidierung der Oppositionellen wurde Scharia (islamische Gesetze), die seit der Kontitutionellen Revolution von 1906 abgeschafft wurde, erneut erhoben und damit die Bewegungsfreiheit der Frauen erheblich eingeschränkt. Die Familienrechtsreform, die in den 70. Jahren während der Schah- Zeit nach einer westlichen Modernisierungskonzept praktiziert worden war, wurde nach der Islamisierung des Landes abgeschafft. Alle Richterinnen wurden entlassen oder versetzt, weil laut Scharia nur Männer als Richter tätig sein dürfen. Später wurden die Arbeitsbedingungen für alle berufstätigen Frauen nach den spezifisch diskriminierenden Normen ausgerichtet. Im öffentlichen Leben und im Bildungswesen wurde wieder die Geschlechtertrennung eingeführt. Erste Maßnahme des Khomeini war die Einführung des Gesetzes über Hijab. Frauen wurden in der Öffentlichkeit zum Tragen des Tschador, des meist dunkeln Ganzkörperschleiers, verpflichtet. Eine herausgerutschte Haarsträhne oder ein geschminkte Gesicht konnten schon Anlaß genug sein, um eine Frau wegen „Verletzung öffentlicher Moral“ festzunehmen.
Der Ruf nach dem Hejab ist eine Reaktion auf die Anwesenheit der Frauen und ihre kulturelle und politische Agitation. Trotz aller diskriminierenden Maßnahmen durch die Islamische Republik ist die Tätigkeit der Frauen in den kulturellen Ebene nicht nur zurückgegangen, sondern auch gestiegen. Heute sind im Iran viele Frauen als Filmmacher, Schriftstellerin, Dichterin, Maler, Journalist etc. tätig. Die Neigung nach zum Teilhaben an den verschiedenen Gebieten in der Gesellschaft und gleichzeitig sich distanzieren von häuslichen Raum wurde eigentlich vor der Revolution begonnen. Frauen haben seit langem ganz massiv verbotenes Territorium betreten, insbesondere die Universitäten, wo Wissen produziert wird. Obwohl die Chance der Frauen verschlechtert geworden[1], eine qualifizierte Bildung zu erwerben, ist die Tendenz, trotz aller Schwierigkeiten ein Studium zu absolvieren, unter Frauen verstärkt worden. Allen Alarmrufen zum trotz scheint es bisher noch nicht zu der befürchteten massiven Veränderung von Frauen aus dem öffentlichen Dienst gekommen zu sein. Statistiken wiesen bis Mitte der 80. Jahre sogar auf einen Anstieg des Anteils der auf unterer und mittlerer Qualifikationsebene im öffentlichen Dienst tätigen Frauen hin. Allerdings war der Prozentsatz von Frauen in gehobenen Positionen im Vergleich zur Schah- Zeit stark zurückgegangen.
Die Entwicklung der weiblichen Erwerbstätigkeiten scheint in den letzten zwanzig Jahren durch widersprüchliche Tendenzen geprägt gewesen zu sein. Auf der einen Seite zwingt die wirtschaftliche Notlage vieler Frauen auch unter entwürdigen Bedingungen zu arbeiten. Auf der anderen Seite wurde nach der Revolution Frauen von sämtlichen Posten der Justiz und von anderen gehobenen beruflichen Positionen ausgeschlossen. [2] Dieser Widerspruch zeigt sich auch in Engagement der Frauen in den politischen Gebieten. Während Frauen völlig von allen Gesetzgebung und Verwaltung ausgeschlossen sind, haben sie sich für die politischen und gesellschaftlichen Ebene engagiert, die in den verschiedenen Formen Widerstand oder Kritik gegen die Islamische Republik gerichtet sind. In den letzten 20 Jahren, nach der Revolution 1979, bekleidet keine Frau das Ministerium oder Vizeministerium und im Parlament sitzen normalerweise einige Frauen, die eine Formelle Rolle haben.[3]

Die Massivität, mit der sich Frauen am Ende der 70. Jahren am Kampf gegen das Schah Regime beteiligten[4], ging es nach der Revolution weiter. Sie bemerkten, daß ihre demokratische Forderungen und Erwartungen gescheitert worden sind. Viele von ihnen, besonders Studentinnen und Schulmädchen, nahmen aktiv in den oppositionellen Organisationen teil. Allerdings kam dem Kampf für die allgemeine politischen Rechte dabei Priorität gegenüber dem Kampf für Frauenrechte zu. Dies galt auch für Frauen, die sich in den 70. Jahren im Untergrund in den Guerilla- Organisationen organisiert hatten. Frauenspezifische Probleme wurden bei den Oppositionellen- auch nach der Revolution- auf die Seite gelegt. Es herrschte die Gedanke, daß man gegenüber dem „ Hauptfeind“, sei es Schah oder Imperialismus oder das islamische Regime, einige „Nebenproblemen“ verzichten muß. Auch herrschte in den sozialistischen Organisationen die These, daß die wahre Freiheit der Frauen nur in einer sozialistischen Gesellschaft zu realisieren sei. So suchten Frauen in diesen Organisationen, auch in ihren Frauenbereich, zum Kampf für den Sozialismus zu mobilisieren.


Allgemeine Überblick über die Gefängnisse der Islamischen Republik

Nachdem der erste Staatspräsident Banisadr, der versucht hatte, die absolute Macht von Khomeini und der Geistlichkeit einzuschränken, am Juni 1981 abgesetzt wurde, begann ein schwarze Periode in der Geschichte des Iran. Um sich zu etablieren, griff der theokratische Staat an alle Oppositionellen an. Innerhalb von wenigen Monaten wurden Tausende Menschen verhaftet und viel von ihnen wurden hingerichtet, darunter auch Frauen. Die Zahl der Hingerichteten wurden im Vergleich mit der Schah Zeit in schrecklichem Masse zugenommen.[5] Die physische und psychische Folter wurde stärker eingesetzt; die Lebensbedingungen in den Gefängnissen waren katastrophal.

Das Gefängnis war in der 80. Jahre ein Ort, in dem Gefangene von ihren „Sünden“ befreit werden sollten und unter Zwang die moralischen Norme der islamischen Regierung als Vorbild akzeptieren mußten. Um sie in den Gefängnissen zu erreichen, brauchte das Regime erst die Gefangene zu zerstören. Ihre Verhalten, Einstellungen, ja ihre Persönlichkeit sollten verändert werden, und zwar durch Terror und sogenannte „Umerziehungsprogramm“, eine Mischung von Folter und Propaganda,also die Gehirnwäsche. Das war die ideologische Doktrin der Islamischen Republik, um säkularen Gruppen, Oppositionellen und alle Andersdenkenden zu einem „gottgefälligen Leben“ zu führen.


Frau sein in den Gefängnissen der Islamischen Republik

Ein wichtige Punkt, den es zu beachten gilt, ist der Anteil der weiblichen politischen Gefangene in der Islamischen Republik. Während sich in der Regierungszeit von Mohammad Reza Pahlavi nur ein kleiner Teil der Gefangenen aus Frauen zusammensetzte, stieg die Zahl der Frauen in den Gefängnissen zur Zeit Khomeinis stark an. Nach meiner eigenen Schätzung saßen in den Jahren zwischen 1981 und 1983 ca. 5000 Frauen in den Gefängnissen in Teheran, fast ein Viertel aller politischen Gefangenen in diesem Zeitraum.[6]
Unter den Gefangenen waren alle Alterklassen vertreten. Die meisten Gefangenen waren jedoch Schüler und Schülerinnen. Die iranische Schriftstellerin, Schahrnusch Parsipour, die von 1981 bis 1985 als politische Gefangene im Gefängnis einsaß, schätzt das Durchschnittsalter der Gefangenen in ihrer Abteilung 19,5. Nach ihrer Schätzung setzten sich mehr als 80% der Gefangenen aus Schülerinnen zusammen. Die Gefangene stammten zum grössten Teil aus den Mittel- und Unterschichten und aus folgenden Gründen wurden verhaftet:
- Größten Teil der Gefangenen wurden wegen ihrer Zugehörigkeit zu den oppositionellen Organisationen, wie z.B. der Volksmodjahedin und der linken Organisationen verhaftet; und klein Teil von ihnen waren Monarchisten. Es waren viele Gefangene, die ohne Zugehörigkeit zu diesen Organisationen sie finanziell oder durch andere Möglichkeiten unterstützt hatten.
- Es waren Frauen im Gefängnis, die wegen ihrer Religion verhaftet worden waren. Sie waren Behaies.
- Es waren viele Gefangene, besonders die alte Mütter, die aufgrund Verwandtschaftsbeziehungen zu einem oder einer politisch verfolgten Verwandten verhaftet wurden. Sie wurden entweder als Geisel bis zur Ergreifung der Gesuchten inhaftiert oder aber festgenommen, um auf bereits in Haft befindliche Personen Druck auszuüben. Häufig wurden Ehefrauen inhaftiert, weil ihre Männer- als politisch Oppositionelle verdächtigt- durch Flucht der Festnahme entzogen hatten.
- Neben tatsächlich politisch Aktiven wurden auch die sogenannten Verdächtigen verhaftet. Manch dieser Verdächtigen kannten nicht einmal den Namen der politischen Organisationen, bei der sie angeblich Mitglied waren. Sie wurden oft viel gefoltert, um ihre „Schuld“ zu gestehen.
Es waren auch Intellektuellen, die wegen ihre Meinungen verhaftet worden waren.


Frauenbild im Islam und bei der Gefängnisbehörden

Im allgemeinen betrachtet der Islam Frauen als schwaches und erniedrigtes Wesen und als Symbol der Sünde. Im Fitna (Aufruf)- Diskurs, werden die sexuellen Verführungskräfte der Frauen für die Gesellschaft bedrohlich bezeichnet.[7] Dieses Bild von Frau, das im symbolischen Rolle der Eva wurzelt, steht gegen Männerbild der Männer, in dem sie mit Überlegenheit, Rational, Selbstkontrolle und Intelligenz bezeichnet werden.
Im Fitna- Diskurs wird der Mann gleichzeitig als „stark“ wie als „schwach“ dargestellt. Doch männliche „Schwäche“ dient auch ihm der Stabilisierung der patriarchalischen Verkehrsformen. Andererseits kann der Fitna- Kurs aber auch dazu dienen, „Schuld“ an der männlichen Verletzungen der islamischen Sexualmoral auf die Frauen projiziert wird.[8]
Ist dieses Bild, in dem Frauen als ein verführerisches und satanisches Wesen betrachtet werden, mit der Rolle, die Frauen in der gegenwärtigen iranischen Gesellschaft haben, übereinstimmt? Sicherlich nicht. Besonders steht dieses Bild in der Realität des Gefängnisses im Widerspruch. Dort ist Frau als politische „Feind“ bedrohlich. Sie ist vielleicht bewaffnet, aktiv in einer Untergrundorganisation. Sie denkt und hat vielleicht stärkere Argumente; sie ist Intellektuell, Andersdenkende und vielleicht eine Schriftstellerin usw.
Im Gefängnis konnten die Fanatiker, die Verhörer, Folterer, Richter, Direktor und Wächter, die absolute Macht in der Hand hatten, diese reale Frau, die als „gefährliche“ politische Gegner vor ihm stand, nicht mit ihrem Bild von Frauen, das vielleicht in ihre Mütter, Schwester und Ehefrau verkörpert wird, identifizieren. Sie erniedrigten diese Frauen, aber gleichzeitig hatten Angst vor ihr, genau wie sie Angst vor einem männlichen „Feind“ hatten. Dann muß diese Frau, diese politische Feind vernichtet werden. Wenn es um die Vernichtung geht, Frauen sind gleich mit Männer, sie sind nicht mehr „schwach“, sondern gefährlich und bedrohlich. Von 4,995 Hingerichteten zwischen 1981 und 1985 waren 716, also 15% der gesamten Hingerichteten, Frauen. Wenn wir betrachten, daß in die patriarchalischen Hierarchie der oppositionellen Organisationen Frauen in den „untere“ Positionen unterteilt wurden, Die Zahl der hingerichteten Frauen ist hoch. Da von „oberen“ Lagen wurden mehr Leute hingerichtet.
Bei Scharia wurde solche Rolle der Frauen, also Frauen als politische Feind nicht vorausgesetzt; laut Scharia versteht man unter sündige Frau Zenakar (Ehebrecher) und ihre „Unzucht“. Die Bestrafung, die im Islam für „Unzucht der Frau“ angenommen worden war, war Einschließung im Haus, eine häuslichen Gefängnisanstalt, deren Wächter Vater, Brüder oder Ehemann sein konnten.
Wie konnte dies in gegenwärtigen iranischen Gesellschaft, die im Laufe der Jahrhunderte geändert hat, besonders durch die große politische und gesellschaftliche Veränderungen in den letzten Jahrhundert, möglich sein? Iran ist heute eine widersprüchliche Gesellschaft. Auf der eine Seite verkörpert die Islamische Republik einen autoritären Gottesstaat, der die Gesellschaft mit Zwang zu einem „gottgefälligen Leben“ führen will. Auf der anderen Seite gibt es Einschätzungen, wodurch Iran die säkularisierteste Gesellschaft des Mittleren Ostens sei. Es ist kein Wunder, daß trotz vieler Bemühungen der Geistlichkeit, die reine islamische Gesetzte zu schreiben versuchten, besteht das gegenwärtige iranische Rechtssystem aus einer Mischung von Scharia, islamischen Gesetze, und den bürgerlichen Rechten, in denen Scharia ein großes Gewicht hat. Z. B. ist der Staat auch befugt zur Bestrafung der Frauen, die „Ordnung des Islam“ verletzten, obwohl Vater, Brüder und Ehemann das Recht auf Bestrafung der „Unzucht der Frau“ vorbehalten.[9] Hier ist zu erwähnen, daß Gefängnis als Bestrafungsanstalt im Sinne, der heute im Iran verwendet wird, gehört zu den bürgerlichen Strafmaßnahmen. Was heute bei vielen „Schulden“ mit Inhaftierung bestraft wird, ist bei Scharia mit Auspeitschung, Steinigung, Abhacken von Hände bei Dieben strafbar.
Bestrafungen der „abtrünnige“ Frauen war in den Gefängnssen der Islamischen Republik Iran Peitschen bis zum Tode; es wurde erst aufgehört, wenn die Gefangene Reue zeigten. Das wurde im Jahre 1988 über linkorientierten Frauen praktiziert. Sie wurden fünfmal am Tag bei dem Gebetsanruf gepeitscht, falls sie keine Reue bekunden würden.[10] Im gleichen Fall wurden Männer hingerichtet. Allerdings herrschte in der Tat keine feste und bestimmte Regelung. Alles, sogar die Entscheidung über Tod hängt von der politischen Situation und eigene Entscheidung der Richter ab. Viel Frauen wurden bloß aufgrund ihrer Überzeugungen, sei es Kommunismus oder wegen anderer Interpretation von Islam und Koran (z.B. bei Modjahedin) hingerichtet. Dies wird mit der Doktrin zarurat (Notwendigkeit) rechtfertigt. Diese Doktrin besagt, daß in bestimmten Notfällen an die Stelle der primären islamischen Regeln andere Regeln eintreten können.[11]
Die Widerspruch zwischen Frauenbild des Islams mit der Rolle, die Frauen in der Tat als politische „Feind“ hatten, war stärker bei Geistlichkeit als den jungen Verhörer, die oft Studenten waren. Ständig und ganz besonders im Gerichtsall sagten die geistliche Richter den Beschuldigten Frauen: „Eure Platz ist im Hause. Ihr seid als Mutter und Ehefrau geschaffen und habt in der Politik nichts zu suchen.“ Der Begriff „politische Gefangene“ wurde in bezug auf Frauen dennoch nie benutzt. Die Mullas nannten sie Heuchlerinnen und Heidinnen.
Was für geistliche Richter überhaupt nicht wichtig war, war das rechtmäßige Verfahren des Prozesse. Bei den „Islamischen Tribunals“ gab es keine Rechtsanwalt; normalerweise hat der Richter zugleich die Anklagefunktion übernommen. Gegen die Anklageschrift, die immer übertrieben wurden, hatte der Beschuldigte weder die Möglichkeit, sich selbst zu verteidigen, noch hatten sie Anspruch auf Anwalt. Die Frauen wurden befragt zu belanglosen Dinge, die nichts mit der Anklage zu tun hatten. An ihren persönlichen und intimen Leben waren die Richter besonders interessiert. Z.B. wurde eine unverheiratete Frau befragt, warum sie nicht geheiratet hätte, ob sie nicht ein Mann finden konnte. Von eine verheiratet Frau, die nicht Kind hatte, fragt man, warum sie kein Kind hätte, ob sie oder ihr Mann unfähig seien. Die Mütter wurden vorgeworfen, daß sie Egoisten seien; sie könnten lieber ihre Mutterrolle spielen als sich in Politik einzumischen.


Doppelbelastung der Frauen im Gefängnis

Die Terrorisierung der Frauen in den Gefängnissen der Islamischen Republik Iran war nicht geringer als Männer, sie wurden als Frau mehr gequellt. Hier werden einige spezifische Belastungen skizziert.

Hejab: Wie es Fatema Mernissi betont hat, die Hälfte der Bevölkerung zu lähmen, ist Bestandteil der Schutzmaßnahmen eines jeden muslimischen Herrschers.[12]
Weibliche Gefangene mußten sich mehr bedecken als Frauen außerhalb des Gefängnisses. Sie mußten sich islamisch mit schwarzem Schleier, die für Hezbollah- Frauen typisch ist, bedecken. Ihre Schleier dürfte nicht einmal aus traditionellen bunten Stoffen gemacht sein. Ein kleine Abweichung wurde als einen Vorwand zur Bestrafung genommen. Im Sommer 1985 als eine Anzahl der Gefangenen verweigerten, sich mit schwarze Schleier bedecken, wurde ihnen besonders scharfen Strafmaßnahmen ausgesetzt. Sie wurden in den dunkeln Kellern eingesperrt. Besuche wurde ihnen verboten. Einige von ihnen wurden ausgepeitscht, während die anderen sie mitanschauen sollten. So wurden sie zum Tragen der schwarzen Schleier verpflichtet.
Bei der Folterung der Frauen warf man ihnen oft eine Decke über den Kopf. Wenn bei der Bewegung unter Folter Kopf oder andere Teil der Körper frei wurde, bekamen Frauen zusätzlich Peitschen und Schimpfwörter. Ich erinnere mich, daß ich nach dem Stundenlang Schlagen mit gefesselte Hände und ein stinkenden Lappen in Mund gesteckt das Bewußtsein verlor. Als ich wieder zu mir kam, wurde mit folgenden Stimme empfangen: „Bedecke dich, du schamlose Schlampe! Hast du kein Gefühl für Anstand und Moral?“ Vielleicht war mein Körper frei, da die Decke war weg.[13]

Chronische Angst vor Vergewaltigung: Trotz manchen Fälle der Vergewaltigung war diese nicht in den Gefängnissen der Islamischen Republik Iran eine systematische Foltermethode, wie bei den Lateinamerikanischen Länder in den Militärregimen der Fall war.
Aus Kurdistan wurde berichtet, dass Pasdaran (die freiwillige Armee der Islamischen Republik), die gegen die kurdische Autonomiebewegung standen, auf das islamische Konzept der „Kriegsbeute“ zurückgegriffen, um die Vergewaltigung von kurdischen Kämpferinnen zu legitimieren.[14] Da sie einen „heiligen Krieg“ für den Islam führten, seien die dabei gefangengenommenen „ungläubigen“ Frauen ihre legitime Kriegsbeute.
Daneben wird auch von einem Typ von Vergewaltigung geredet, die sich unter der Zeitehe vollzieht. Opfer dieser „Ehen“ sollen zum Tode verurteilte junge Mädchen sein, die man auf diese Weise daran hindern will, als Jungfrau direkt in den Himmel zu kommen.
Ich weis nicht genau, ob solche Art der Vergewaltigung wirklich in den Gefängnissen im Iran praktiziert wurde. Auf jeden Fall litten meist der Frauen unter ständige Angst vor Vergewaltigung. Diese Angst war besonders für den Mädchen sehr stark. Von einer jungen Frau habe ich gehört, daß sie große Angst vor Vergewaltigung hatte, als sie jedes Mal in Einzelzelle versetzt wurde. Schlimmste Periode in ihrer neun jährigen Gefangenschaft sei eine Zeit gewesen, in der sie allein in einem dunkeln und großen Raum gesperrt gewesen sei. Sie hätte Tag und Nacht die Stimme von Wächter, die draußen im Flur kamen und gingen, hören sollen. Obwohl sie vorher die schwere Folter und Bestrafung ausgehalten hatte, war diese Alleinsein, da das Angst vor Vergewaltigung hervorrief, mehr unerträglich als die vorherige Bestrafungen und Auspeitschung.

Mutter sein als eine Doppelbelastung: Normalerweise mußten die Mütter- und nicht die Väter- um ihre Kinder sorgen, sei ihre Kinder im Gefängnis bleiben oder sie außerhalb des Gefängnisses heranwachsen sollten. Das verursachte natürlich ihnen große psychische Belastung. Die Mütter, die ihre Kinder im Gefängnis bei sich behalten, sollten der Zeuge ihres Leidens wegen Mangel an die frische Luft, an die Ernährung und wegen Unruhe in den Abteilungen sein. Die Mütter waren nicht in der Lage, ihre Kinder zu beruhigen.
Aus zwei Gründe sollten die Mütter ihre Kinder im Gefängnis behalten: entweder hatten sie niemanden, um ihre Kinder zu sorgen, oder erlaubten die Verhörer ihnen nicht, das Kind auszuschicken., was besonders in den ersten Phase der Verhaftung passierte. Da die Verhörer die Verhaftung geheim halten wollten, um die anderen auch in die Hände zu geraten.
Normalerweise wenn auch das Kind außerhalb des Gefängnisses heranwachsen sollte, mußten ihm die Familie der Mutter- und nicht die Familie der Vater- sorgen. Obwohl das Sorgerecht zu Vater gehört, und wenn der Vater hingerichtet oder gestorben worden war, hat der Großvater väterlicherseits das Sorgerecht auf das Kind.

Druck der Familie auf weiblichen Gefangene: Üblicherweise wurden die Frauen im Gefängnis durch ihre Familie mehr unter Druck gesetzt als die Männer im Gefängnis. Die Familie erwarteten, daß ihre Töchter „gehorsam“ seien und alle Voraussetzungen akzeptieren, um freigelassen zu werden. Die Gefangene, die ihre Haft abgelaufen war, sollten ihre Abscheu gegen ihre frühere Überzeugung und Gruppierung erklären. Manchmal wurde von den Gefangenen auch das Geständnis erwartet, sie seien aus Wollust oder von satanischen Begierden in eine Gruppierung getrieben worden. Die gefangene, die solche Geständnisse verweigerten, sollten immer noch im Gefängnis bleiben, obwohl ihre Haft abgelaufen worden war. Die Frauen, die diese Bedingung für die Freilassung abgelehnten und ihre oppositionelle Haltung nicht verbargen, wurden oft von ihre Familie und von den Gefängnisbehörden vorgeworfen, daß sie nur an sich dachten und nicht an ihre Familie. Freie Entscheidung(wenn man überhaupt im Gefängnis und unter Zwangsmaßnahmen von freie Entscheidung reden darf) war für Frauen immer beschränkter.
Die verheiratete Frauen, wenn ihre Männer frei waren, standen manchmal von ihre Männer unter Druck, daß sie das Familienleben zerstörten. Einige von ihnen wurden einseitig geschieden. Ich kannte eine fünfzig järige Frau, die die erniedrigende Voraussetzung für ihre Freilassung nicht akzeptierte. Sie blieb Jahrelang im Gefängnis. Sie bekam einmal bei ihrem Besuch die Nachricht, daß ihr Mann sich scheiden gelassen hatte. Einige Tage danach ist man sie zum Standesamt gefahren. Sie sollte Scheidungspapier unterschreiben.
Die Angst und Unsicherheitsgefühle, von ihre Männer verlassen zu werden, hatten oft die Frauen, die ihre Männer frei waren. Natürlich dürften die Frauen, die ihre Männer im Gefängnis und sie frei waren, sich nicht scheiden lassen. Im Iran unter islamische Regierung haben nur Männer Scheidungsrecht, außer einiger Ausnahmefälle.

Druck und Erniedrigung wegen Hygienebinden und anderen notwendigen Dinge: Bei den harten Bestrafungen wurden Binden vorenthaltet. Manchmal erst dann wurden sie gegeben, nachdem die Gefangene mehrmals darum baten. Das gehörte zu den alltäglichen Strategien der Peiniger, Gefangenen das Allernotwendigste vorzuenthalten, bis sie darum baten. Dann gaben die Wächter es, fühlten sich großzügig und sahen in der Auffassung bestätigt, daß der Gefangene einem Bettelcharakter hatten. Das gleiche galt auch für Milch für Kinder, Medikamente und Rauchen. Im Prinzip dürften Frauen im Gefängnis nicht rauchen.
























[1] Frauen dürfen bestimmte Fächern überhaupt nicht, wie oder zu einem geringen Teil eintreten, wie z.B.
Jura, Ingenieurwissenshaften, Agrarwissenschaften sowie Tiermedizin.
[2] Vgl. Tahereh Agha/ Monika Schukar: Frauen im Iran, 1991, S. 21
[3] Dr. Farohkrou Parsa, die kurz nach der Revolution hingerichtet wurde, war die erste Ministerin im Iran. Sie
war unter dem Schah Kulturministerin.
[4] Die Geschichte der politischen Engagement der iranischen Frauen geht weit bis die Konstitutionellen
Revolution von 1906. Hauptforderung dieser Revolution, die gegen die despotische Herrschaft der Qajaren-
Schah gerichtet worden war, war Aufstellung des Parlaments und der Grundverfassung. Die Charakteristika
dieser Bewegung, die größten Teil ihrer Führer durch die westliche Modernität und die
sozialdemokratischen Ideen in Rußland geprägt waren, bestand aus dem Versuch, die alte und
traditionellen Werte und Moral zu kritisieren und eine neue Modell zu schaffen. In dieser Periode wurde
zum ersten Mal die Rolle von Haram- Frau attackiert.
[5] Zum Vergleich ist zu erwähnen, während in den Jahren zwischen 1970 und 1979, weniger als 100 politische
Gefangene hingerichtet wurden, wurden zwischen Juni und November 1981, also binnen fünf Monaten
2665 politische Gefangenen hingerichtet. (Vgl. Edward Abrahamian: Tortur confession: Prison and
recontation in modern Iran, New York, S. 129
[6] Nach der Schätzung der Frauen, die in der Schahs Zeit im Gefängnis waren, war die Zahl der weiblichen,
politischen Gefangene zwischen 1971 und 1978 ca. 300.
[7] Vgl. Monila Schuckar, Der Kampf gegen die Sünde. Frauenbild und Moralpolitik in der islamischen
Republik Iran, Giessen, 1983, S. 24
[8] ebda, S. 25
[9] Z. B. ist den Männer erlaubt, ihre Frauen selbst zu töten, wenn sie außer eheliche Geschlechtsverkehr
haben. Obwohl der Staat auch für solche „Sünde“ Bestrafungen bis zur Steinigung gedacht hat.
[10] Monireh Baradaran: Erwachen aus dem Alptraum, Zürich, 1998, S. 280
[11] Vgl. Dariush Rejali: Torture and modernity. Self, society and state in modern Iran, San Francisco 1997,
S.127

[12] Vgl. Fatema Mernissi, Die Angst vor der Moderne, München, 1996, S. 217
[13] Baradaran, S. 31, 32
[14] Iran- Initiative, Ffm (Hg.): Iran 1981. Unterdrückung und Widerstand; in: Agha/ Schunkar, S. 44

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