Die Wichtigkeit der UN Erklärung der Menschenrechte

Ich möchte gerne mit Mohamad Jafar Puyandeh anfangen, der vor 10 Jahren anlässlich des 50. Jahrestages der internationalen Menschenrechtserklärung ein wichtiges Buch über Menschenrechte übersetzt hat. Er wurde aber vor der Veröffentlichung dieser Übersetzung von der islamischen Regierung Irans, dem größten Feind der Menschheit, ermordet.
Die internationale Menschenrechtserklärung, die aus 30 Artikeln besteht, wurde am 10. Dezember 1948 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen in Paris genehmigt und verkündet. Dieser Tag wurde international zum „Tag der Menschenrechte“ erklärt mit dem Ziel, dass jeder einzelne und alle Organe der Gesellschaft sich diese Erklärung stets gegenwärtig halten.
Vor sechzig Jahren, als die Welt wegen Faschismus, Krieg und Auschwitz mehr als je zuvor düster und dunkel war, hatte diese Erklärung dem Verbrechen ein Ende gesetzt. Dies war der Versuch, die Utopie einer Weltgemeinschaft zu entwickeln und zu nähren, ein Versuch, dessen gemeinsamer Nenner der gleichberechtigte Mensch war und ist.
Was ist das Besondere, was sind die spezifischen Merkmale dieser Erklärung?
Die Gleichheit des Menschen und die Universalität der Menschenrechte
Die internationale Menschenrechtserklärung gründete sich auf Ideen der Aufklärung und führt sie weiter mit neuen Deutungen. In der neuen Erklärung wird die absolute Gleichheit für alle Menschen und die Universalität der Menschenrechte jenseits der Grenzen von Nationen und Kulturen betont.
Der allererste Artikel lautet:
"Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen."
Die Idee der Gleichheit der Menschen hat es schon in früheren Zeiten gegeben, sie ist aber eine Wunschvorstellung, ein Traum geblieben.
Die Gleichheit der Menschen ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach Rasse, Geschlecht, Religion, Kultur oder politischer Anschauung bedeutet, dass alle in dieser Erklärung verkündeten Rechte für alle Menschen gleich gültig sind. Es darf kein Unterschied gemacht werden auf Grund der politischen, religiösen oder kulturellen Situation des Landes.
Die Universalität der Menschenrechte ist von Anfang an bis in die Gegenwart umstritten gewesen, Regierungen und Gruppierungen verwiesen auf den Kulturrelativismus in der Erklärung und die Stellung der Religion. In den islamischen Ländern, wo Staat und Religion nicht getrennt sind, versuchen die Staatsmänner dem Islam gegenüber den Menschenrechten Priorität zu geben.
Bei der Abstimmung über die Menschenrechtserklärung hat Saudi-Arabien die Artikel 18 und 16 nicht unterzeichnet, das sind die beiden Artikel, die die freie Wahl der Religion oder des Ehepartners garantieren.
Im Jahr 1993 haben konservative Islamische Staaten auf der Wiener Menschenrechtskonferenz, die alle 25 Jahre veranstaltet wird, versucht, die Universalität der Menschenrechte wegen der kulturellen Relativität und des Islams in Frage zu stellen, konservative Christen erklärten ihre Solidarität. Dieser Versuch scheiterte. Auf der Konferenz konnte sich die Universalität der Menschenrechte durchsetzen.
Auch im ehemaligen „Ostblock“ gab es Widerstand, der mit der Andersartigkeit des politischen Systems zusammenhing. Damals hat die Sowjet- Union diese Erklärung nicht unterzeichnet mit der Begründung, das in einer klassenlosen Gesellschaft die Interessen des Einzelnen mit den Interessen des Staates übereinstimmten. Die Menschenrechte seien durch das gerechte System garantiert.
Trotz dieser Enthaltungen wurde in der Erklärung bekräftigt:
die Menschenrechte Vorrang genießen gegenüber jedem politischen System.
Mensch, der Weltbürger
Die Menschenrechtserklärung betrachtet jeden Menschen ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach Rasse, Geschlecht, Religion, Kultur, politischer Anschauung, sozialer oder nationaler Stellung als gleich. Der Mensch wird nach dieser Erklärung in erster Linie als Individuum und nicht als Bürger eines bestimmten Landes betrachtet. Deshalb muss die internationale Weltgemeinschaft diese Rechte für jeden Einzelnen gewährleisten. Die Erklärung der Menschenrechte ist eine direkte Reaktion auf die Verheerungen des Zweiten Weltkriegs, der durch Rassismus ausgelöst wurde. Millionen von Menschen, die wegen des Krieges und des Holocausts staatenlos und auf der Flucht waren, stellten die Welt vor einer großen Herausforderung, die nur durch internationale Solidarität gelöst werden konnte.
Deswegen wird in Artikel 13 und 15 ausdrücklich betont, dass jeder das Recht hat, sich innerhalb eines Staates frei zu bewegen und seinen Aufenthaltsort frei zu wählen oder dass jeder das Recht auf eine Staatsangehörigkeit hat.
Nach dieser Erklärung gilt der Mensch als Weltbürger und er darf alle universellen Rechte genießen. Z.B. können alle Gefangenen in der ganzen Welt einheitlich gegen Folterung, willkürliche Verhaftungen und Diskriminierungen protestieren.
Die Artikel 22 und 23 gelten als gemeinsame Sprache in Bezug auf die Arbeit- und soziale Sicherheit für die unterdrückten Völker, die als Außenseiter in den 5 Kontinenten leben.
Wenn diese Erklärung als Selbstverständlichkeit wahrgenommen wird, dann brauchen wir nicht z. B. über die Unmenschlichkeit der Folterung zu diskutieren. Das Wichtige ist heutzutage sich für diese menschlichen Normen einzusetzen.
Die Menschenrechte sind laizistisch
Eine weitere Besonderheit in der Menschenrechtserklärung besteht darin, dass diese Erklärung nicht religiös gebunden ist, nicht nach einer religiösen Ausrichtung verfasst wurde. Für die festgeschriebenen Rechte auf Gleichheit und Freiheit gibt es keine philosophische oder religiöse Begründung. Aber sie garantiert Allen die Freiheit der Religion. Einige Staaten wie Mexiko und die Niederlande haben vorgeschlagen, in der Erklärung die Menschenrechte als Gottesgabe festzuschreiben. darzustellen. Diese Auffassung konnte sich nicht durchsetzen, vor allem sozialistische Länder wie China aber auch Chile lehnten das ab. Chang, der Delegierte aus China hat sich so geäußert:
" Die Chinesische Regierung repräsentiert einen großen Teil der Weltbevölkerung, die in China leben und sie haben eine andere Anschauung als die Christen. Wir haben dennoch nicht versucht, eigene Auffassungen in diese Erklärung schreiben zu lassen. Ich fordere, dass auf metaphysische Meinungen in dieser Erklärung verzichtet wird. Die Zeit der Intoleranz in Europa muss zu Ende gehen"
Die Menschenrechte sind das Ergebnis des Verstandes und der Menschlichkeit
Das Menschenrecht gehört zu keiner bestimmten Kultur oder Zivilisation. Die Meinungsverschiedenheiten und die Auseinandersetzungen, die während der Gründung der UNO und bei der Verfassung der Menschenrechtserklärung auftauchten, hatten gezeigt, dass jenes Argument, das die internationale Menschenrechtserklärung als Erbe der europäischen bzw. westlichen Tradition erklärt und sie nicht mit anderen Nationen und Gesellschaften zu vereinbaren hält, Unsinn ist.
im Jahre 1944 vor der Sitzung in San Fransisco, auf der die UNO Satzung verabschiedet wurde, haben die 4 Großmächte beschlossen die " Menschenrechte und die elementaren Freiheiten" als utopische Nebensache zu erklären.
Alle vier Mächte hatten sich Sorgen um ihre eigenen Vorteile gemacht. In den USA gab es Rassentrennung (Apartheid). Die Briten und Franzosen wollten keine Demokratie in ihren Kolonien haben und die Sowjet-Union konnte keine Regimekritiker im eigenen Lande dulden.
Bei der Gründung der UNO darf man auch die wichtige Rolle der lateinamerikanischen Länder und der Nichtregierungsorganisationen nicht vergessen.
Die Bemühungen der NGO’s und Ländern wie Kuba, Panama und Chile hatten die UNO dazu gebracht, dass die Universalität der Menschenrechte in der UNO Satzung festgeschrieben wurde.
Die Menschenrechtserklärung stammt aus Gesetzen und Traditionen der verschiedenen Länder.
So stammen z.B. die Artikel 3 bis 21, die das politische und soziale Recht und das Bürgerrecht behandeln, aus der Autonomieerklärung der Vereinigten Staaten und aus dem Bürgerrecht von Frankreich. Es sind Rechte, die auch seit dem 19. Jahrhundert in den anderen europäischen Ländern in Kraft gesetzt worden sind. Und die Artikel 22 bis 27, die die wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Rechte behandeln, sind durch die mexikanische Revolution im Jahre 1917 stark beeinflusst.
Manche Artikel der internationalen Menschenrechtserklärung sind von dem Verfassungsrecht aus Ländern wie Panama, Chile und Kuba direkt übernommen worden, wie Artikel 23 Arbeitsrecht, Artikel 24 Freizeitrecht und Teilnahmerecht an kulturellen Gemeinschaften.
Menschenrechte, Protest gegen Menschenrechtsverletzungen
Die Geschichte der Menschenrechte zeigt uns, dass diese sich aus den Kriegen und Revolutionen herausgebildet haben und dass sie im Widerstand gegen reale politische Verhältnisse entstanden sind. Die Satzung des Bürgerrechts war das Resultat des Unabhängigkeitskrieges und der republikanischen Bewegung am Ende des 18.Jahrhunderts in Amerika. Amerika war zu dieser Zeit eine Kolonie von England. Die Veröffentlichung von der Schrift " Vernünftiger Verstand", die die Menschenrechte gegenüber der Macht des britischen Königs unterstützte, hat zur Verbreitung der Idee der Republikaner und der Bürgerrechtsbewegung geführt. Diese spielte in dem amerikanischen Unabhängigkeitskrieg eine wichtige Rolle.
Der Autor war Tom Pin, ein englischer Arbeiter, der in die USA eingewandert war. Er hat im Unabhängigkeitskrieg mutig gekämpft. Das erste Buch über Menschenrechte hat er geschrieben.
Die Menschen- und Bürgerrechtserklärung, die 13 Jahren nach der amerikanischen Verfassung im französischen Parlament verabschiedet wurde, war das Resultat der französischen Revolution. Eine Revolution, die mit Parolen wie Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit die diktatorische Monarchie zum Zerfall gebracht hat.
Die internationale Menschenrechtserklärung wurde schließlich aus der Asche des 2. Weltkriegs geboren. Diese Erklärung war ein Protest gegen den Krieg und gegen Rassismus. Sie war und ist ein Versuch für Frieden, Gerechtigkeit und für ein menschliches Weltantlitz.
Menschenrechte, die Rechte jedes einzelnen Menschen
23 der insgesamt 30 Artikel der internationalen Menschenrechtserklärung sprechen jeden einzelnen Menschen an, also " jeder hat das Recht…" " jedem ist erlaubt…" und 3 Artikel fangen mit Niemanden an, die sind an die Staaten gerichtet. Diese Erklärung fordert die Staaten auf, gegenüber jedem einzelnen Menschen Verantwortung zu tragen. Diese 30 Artikel hängen zusammen, sie sind untrennbar miteinander verbunden.
Diese Erklärung ist an sich ein Aufruf, der von Staaten und Regierungen respektiert werden muss.
Die Menschenrechtserklärung ist keine endgültige Vereinbarung. Heutzutage stehen neue Aspekte wie das Umweltproblem, die massiven Menschenwanderungen oder die Diskriminierung von Homosexuellen auf der Tagesordnung der Menschenrechtsdebatte. Mit jeder neuen Problematik werden neue Forderungen gestellt. Da die Menschenrechtserklärung die Diskriminierung der Frauen noch nicht erwähnt hatte, wurden frauenspezifische Aspekte in der Konvention gegen die Benachteiligung der Frauen aufgenommen. Ebenso wurden Konventionen formuliert für die Bürgerrechte, für politische, kulturelle und wirtschaftliche Rechte, für Kinderrechte und gegen Folterung und so weiter und so fort …
Menschenrechtskonventionen können in Kraft treten und wirksam werden, wenn sie in den nationalen Gesetzen und Politiken berücksichtigt werden. Viele Staaten haben mehrere Artikel dieser Erklärung zu ihren eigenen Gesetzen gemacht. Als Beispiel hat die südafrikanische Gesetzgebung alle Menschenrechtsnormen in der neuen Verfassung integriert. In dem Land, wo damals wegen seines rassistischen Systems die Menschenrechtserklärung nicht unterzeichnet wurde.
Wir haben in unserem Land, im Iran, noch einen langen Weg vor uns.

Monireh Baradaran, Hannover, Dezember 2008

Keine Kommentare: